1853 landeten vier amerikanische Schiffe unter dem Kommando des Commodores Matthew Perry vor der Küste Japans, um der japanischen Regierung einen Brief des amerikanischen Präsidenten zu übergeben. In diesem Brief wurde explizit die Öffnung japanischer Häfen für amerikanische Schiffe gefordert.
Was hatte es damit auf sich?
Japan hatte während der vergangenen 200 Jahre eine Politik der Abschließung („sakoku“) geführt, das heißt, es wurden bis auf wenige Ausnahmen keine diplomatischen Kontakte und keine Handelsbeziehungen mit anderen Ländern geführt.
Etlichen Staaten war dies schon lange ein Dorn im Auge. Bereits in der Vergangenheit hatten immer wieder ausländische Schiffe versucht, an der japanischen Küste zu landen, unter anderem auch, um in den dortigen Häfen Trinkwasser, Vorräte, etc. aufzunehmen. Bisher waren diese Schiffe aber stets abgewiesen worden.
Nicht so die Flotte Matthew Perrys, von den Japanern als „Schwarze Schiffe“ bezeichnet. Diese drohte nun, die Küste Edos (des heutigen Tokyos) mit den an Bord befindlichen Kanonen zu beschießen, ginge man nicht auf ihre Forderungen ein.
Die Shogunatsregierung, deren veraltete Waffensysteme den Kanonenbooten der amerikanischen Flotte nichts entgegenzusetzen hatte, war gezwungen nachzugeben.
Am 31. März 1854 schloss der Shogun den „Vertrag von Kanagawa“, der die Öffnung der Häfen von Shimoda und Hakodate für amerikanische Schiffe garantierte sowie ein US-Konsulat in Japan etablierte.
Die Jahrhunderte währende Abschottungspolitik war damit offiziell beendet. Weitere erzwungene Verträge mit anderen Staaten folgten.
In der Bevölkerung löste die Ankunft der Schwarzen Schiffe extreme Verunsicherung und starke Ängste aus. Zudem wurde das Shogunat, das sich den ausländischen Mächten gegenüber als schwach und unterlegen gezeigt hatte, für dieses Verhalten scharf kritisiert.
Radikale Stimmen forderten daher, die alleinige Regierungsgewalt zurück in die Hände des Kaisers zu legen. Dieser hatte im 19. Jahrhundert nur noch symbolische Macht, die eigentliche Regierung war dem Shogun überlassen, der seit 1603 der Familie Tokugawa entstammte („Tokugawa-Shogunat“) und in Edo residierte.
Die Lage spitzte sich dramatisch zu, als am 24. März 1860 Regent Li Naosuke von radikalen Samurai vor den Toren der Burg Edo ermordet wurde. Die Feinde der Regierung hatten damit deutlich gemacht, dass sie auch vor Mord an hohen Regierungsbeamten nicht zurückschreckten.
Kyoto war damals Sitz des Kaiserhofes, galt aber nichts desto trotz als besonders gefährliches Pflaster. Straßenkämpfe und blutige Auseinandersetzungen zwischen herrenlosen Samurai waren an der Tagesordnung. Nicht selten kam es vor, dass Kaufleute von Rōnin (herrenlosen Samurai) um Schutzgeld erpresst wurden.
Kaufleute, die mit Ausländern Handel trieben, mussten sogar um ihr Leben fürchten.
Kyoto war eines der Zentren, in denen sich radikale Ausländer-Hasser versammelten. Wer mit den Fremden Mächten in allzu engem Kontakt stand, musste damit rechnen, mit der sogenannten „Strafe des Himmels“ belegt zu werden. Die abgetrennten Köpfe derart Bestrafter wurden dann am Flussufer zur Schau gestellt.
Um solchen Auseinandersetzungen Herr zu werden, wurde daher 1862 der Daimyō von Aizu, Matsudaira Katamori, zum Militärgouverneur von Kyoto ernannt. Seine Aufgabe war es, für die Sicherheit der Stadt zu sorgen. Allerdings war der Aizu-Clan damit weitestgehend überfordert.
Um die politische Lage im Land zu stabilisieren und über das weitere Vorgehen gegen die ausländischen Mächte zu beraten, musste sich Shogun Tokugawa Iemochi im April des Jahres 1863 auf den Weg von Edo nach Kyoto begeben und dort mit dem Kaiser zusammentreffen.
Dies war insofern ungewöhnlich, da bereits seit vielen Jahren kein Shogun mehr Kyoto betreten hatte. Die Aktion wurde daher als große Demütigung für den Shogun angesehen.
Zudem war die Lage in Kyoto keineswegs sicher.
Kiyokawa Hachirō hatte im Auftrag des Shogunats daher bereits im Oktober 1862 damit begonnen, eine Gruppe von Rōnin zu formieren, die in Kyoto für Sicherheit auf den Straßen sorgen sollte.
Die Mitglieder der Gruppe, die schlicht „Rōshigumi“ („Rōnin-Gruppe“) genannt wurde, wurden aus verschiedenen Dojos rekrutiert.
Am 10. April 1863, rund einen Monat vor Ankunft des Shoguns, erreichte die über 200 Mann starke Truppe Kyoto.
Bereits kurz nach der Ankunft der Rōnin-Gruppe in Kyoto offenbarte der intrigante Kiyokawa Hachirō jedoch seine wahren Motive:
Die Gruppe solle nicht dem Shogunat dienen, sondern ausschließlich für den Kaiser arbeiten und zudem für den Kampf gegen die Ausländer eingesetzt werden. Sie müsse daher sofort nach Edo zurückkehren.
Ein Großteil der Mitglieder gehorchte diesem Befehl und begab sich mit Kiyokawa nach Edo, wo dieser kurz darauf ermordet wurde.
Eine kleine Gruppe von rund 20 Männern allerdings blieb in Kyoto zurück, um dort das eigentliche Ziel der Rōshigumi weiterzuverfolgen: für die Sicherheit der Stadt zu sorgen.
Sie nannte sich nach der Lage ihres Hauptquartieres in Mibu nun „Mibu Rōshigumi“ und wurde bald von Matsudaira Katamori, dem Militärgouverneur Kyotos, unterstützt. Dieser gab der Truppe später auch ihren neuen Namen: Shinsengumi („neue auserwählte Gruppe“).
Zu den in Kyoto verbliebenen Kämpfern gehörte auch ein Mann namens Serizawa Kamo aus Mito, der später zum Anführer der Mibu Rōshigumi ernannt wurde. An seiner Seite befanden sich weitere sechs Männer.
Wegen ihrer Ausschweifungen und ihres zügellosen Verhaltens entwickelten sich Serizawa und seine Anhänger allerdings rasch zum Problem für die Gruppe.
Dem entgegen stand eine weitere Gruppe rund um Kondō Isami, der in Edo ein kleines Dojo geleitet hatte und mit seinem besten Freund Hijikata Toshizō sowie sechs seiner Schüler nach Kyoto gekommen war.
Diese Schüler waren:
Später kam noch Saitō Hajime zu Kondōs Gruppe hinzu.
Nachdem Serizawa als Anführer der Mibu Rōshigumi nicht mehr tragbar geworden war, übernahm Kondō das alleinige Kommando. Hijikata und Yamanami wurden zu Vize-Kommandanten ernannt.
Die Shinsengumi war die einzige Gruppe dieser Art, die auch explizit Mitglieder aufnahm, die nicht als Samurai geboren waren. Bedeutsam sollte nicht der soziale Status der einzelnen Mitglieder sein, sondern allein ihr Können und ihre Fertigkeiten.
Um dennoch eine strenge Disziplin zu garantieren und auch um weitere Ausschweifungen, wie Serizawa sie sich geleistet hatte, zu verhindern, galt innerhalb der Shinsengumi ein strikter Verhaltenskodex.
Verboten waren unter anderem:
Obwohl die Shinsengumi insgesamt nur wenige Jahre aktiv waren, sagt man, sie hätten die Revolution in Japan um Jahre verzögert. Politisch konnten sie letztendlich dennoch nichts erwirken. Wegen der zahlreichen Vorfälle und der extremen Legendenbildung rund um die Gruppe sind sie trotzdem ein fester Bestandteil der japanischen Geschichte geworden.
Insbesondere die vielen Filme, Anime und Manga, die sich mit ihnen beschäftigen, haben stark zum Mythos der Shinsengumi beigetragen. Einige Beispiele dafür sollen daher im Folgenden näher betrachtet werden: